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Jesaja - Rechtsgeschichte

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Jesaja - Rechtsgeschichte Empty Jesaja - Rechtsgeschichte

Beitrag von Elischua Mo 25 Jul 2011, 12:25

Schalom ihr Lieben,



Jüdisches Recht
Jesaja - neu gelesen*
 Ist es nicht anmaßend, zweieinhalb Jahrtausende nach der Niederschrift der hebräischen Bibel, über Jesaja zu schreiben? Wurde nicht alles, was man über ihn wusste und ahnte, bereits gesagt und geschrieben? Ja, doch! Und es ist auch nichts Neues hinzugekommen, nichts Neues in Erfahrung gebracht worden, und auch moderne originelle Interpretationen sind kaum noch möglich. Was aber zur Beschäftigung mit ihm, mit seinen Worten berechtigt, geradezu danach verlangt, ist die frappierende Aktualität seiner Botschaft.
Im Königreich Judäa taucht in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v.d.Zt. ein Mann auf, der nichts Gutes über das Volk zu sagen hat. Er verkündet das Wort eines zornigen Gottes, der das Schlimmste mit seinem Volk Israel im Sinne hat. Warum der Zorn Gottes so unermesslich groß ist, sagt Jesaja gleich zu Beginn seiner Prophezeiung. Es ist die große Enttäuschung eines Vaters, der seine Söhne großgezogen hat und miterleben muss, wie sie seine Lehren verleugnen und wider seiner Gebote handeln. „Ich habe Kinder großgezogen und erhöht, und sie sind von mir abgefallen!“ 1) Was hat nun dieses Volk verbrochen, dass der Prophet es als „sündiges Volk“, „boshaftes Geschlecht“ und „verderbte Kinder“ bezeichnet, „die den HERRN verlassen, den Heiligen Israels lästern“? Hat das Volk etwa den Dienst an Gott gekündigt, besucht es nicht mehr den heiligen Tempel, weigert es sich Opfer darzubringen? Nein, ganz im Gegenteil: Gott will diese Opfer nicht mehr, seinen Abscheu vor dem Gottesdienst der Israeliten bringt er ganz krass zu Ausdruck: „Was soll mir die Menge eurer Opfer? spricht der HERR. Ich bin satt der Brandopfer von Widdern und des Fettes von Mastkälbern und habe kein Gefallen am Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke. Bringt nicht mehr dar so vergebliche Speisopfer! Das Räucherwerk ist mir ein Gräuel!“ Was Jesaja will, das sagt er auch, indem er sich an die Führer des Volkes wendet, „höret des HERRN Wort, ihr Herren von Sodom!“ und das Volk beschimpft er mit den Worten: „nimm zu Ohren die Weisung unsres Gottes, du Volk von Gomorra!“
„Lernet Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schaffet den Waisen Recht, führet der Witwen Sache!“ Darum geht es Jesaja. Er will soziale Reformen. Das ist für ihn der wahre Gottesdienst. Er fordert eine Abkehr von der Ausbeutung der unteren und wehrlosen Schichten durch die Führung des Staates und der Oberschicht. „Deine Fürsten sind Abtrünnige und Diebsgesellen, sie nehmen alle gern Geschenke an und trachten nach Gaben. Den Waisen schaffen sie nicht Recht, und der Witwen Sache kommt nicht vor sie.“ Es muss aber nicht so sein. Früher war es anders. „Wie geht das zu, dass die treue Stadt zur Hure geworden ist? Sie war voll Recht, Gerechtigkeit wohnte darin; nun aber - Mörder.“ Also könnte das Volk eine Kehrtwende machen, und Jesaja sehnt diese Zeit herbei, aber er sieht nur wenig Hoffnung.
Es ist schon erstaunlich, was dieser Mann Jesaja sich zu sagen traut. Judäa war schließlich keine Demokratie des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Das Land wurde von einem König und der Aristokratie beherrscht, wobei man auch das Priestertum am heiligen Tempel zur Aristokratie zählen kann. Und die waren über solche Worte bestimmt nicht erfreut. Zwar hatte das Volk Respekt und eine gewisse Ehrfurcht vor Männern, die im Namen Gottes sprachen. Woher sollte man aber wissen, ob dieser Mann das Wort Gottes verkündete? Es gab ja schließlich auch die (wie man sie später gerne bezeichnete) „falschen“ Propheten. Und diese bestätigten die Herrschenden und versprachen nur Gutes. Darüber hinaus war das Darbringen von Opfern der einzige Gottesdienst seit den Zeiten Moses; dagegen zu sein konnte leicht als Gotteslästerung betrachtet werden. Trotzdem hatte der Jesaja die Zivilcourage, gegen das Establishment und das Volk zu wettern.
Jesaja tat aber noch mehr als das. Er prophezeite den Untergang des Staates und des Volkes, was einem Staatsverrat gleichkommt. „Darum spricht der Herr, der HERR Zebaoth, der Mächtige Israels: Wehe! Ich werde mir Trost schaffen an meinen Feinden (damit ist Israel gemeint) und mich rächen an meinen Widersachern und will meine Hand wider dich kehren und wie mit Lauge ausschmelzen, was Schlacke ist, und all dein Zinn ausscheiden.“ Gott wird das Volk nicht ganz vernichten, nur reinigen und das Böse ausscheiden. „Zion muss durch Gericht erlöst werden und die zu ihr zurückkehren, durch Gerechtigkeit. Die Übertreter aber und Sünder werden allesamt vernichtet werden, und die den HERRN verlassen, werden umkommen. Denn ihr werdet sein wie eine Eiche mit dürren Blättern und wie ein Garten ohne Wasser; und der Starke wird sein wie Werg und sein Tun wie ein Funke, und beides wird miteinander brennen, und niemand löscht.“
Liest man diese Worte des Jesaja im ersten Kapitel im Zusammenhang, kann man sich an den ausdrucksstarken Worten, an den bildlichen Beschreibungen, an diesem großartigen Dichtwerk berauschen (wobei die hebräische Urschrift noch viel eindrucksvoller ist). Heute würde man Kritiker, die so leidenschaftlich das eigene Volk ermahnen und zurechtweisen, als „Selbsthasser“ bezeichnen, oder im besten Fall, so man ihnen nicht schaden will, sie als Querulanten ignorieren. Wie würden aber Opportunisten, freiwillig gleichgeschaltete Medien und Mitläufer einen Jesaja bezeichnen, der das Strafgericht Gottes über sie beschwor? An einer anderen Stelle (Kap. 6) sieht Jesaja keine Möglichkeit mehr für eine Rückkehr des Volkes zum Leben in Anstand und Würde, als durch seine fast völlige Vernichtung. Und wie soll das geschehen? Erstaunlich für den Leser und theologisch höchstproblematisch: Gott will die Bekehrung des Volkes nicht mehr. Die Enttäuschung und der Zorn sind zu groß. „Und er sprach: Geh hin und sprich zu diesem Volk: Höret und verstehet' s nicht; sehet und merket' s nicht! Verstocke das Herz dieses Volks und lass ihre Ohren taub sein und ihre Augen blind, dass sie nicht sehen mit ihren Augen noch hören mit ihren Ohren noch verstehen mit ihrem Herzen und sich nicht bekehren und genesen.“ Eine Bekehrung und Buße werden durch Gott geradezu verhindert. Und Jesaja fleht Gott an: „Herr, wie lange (soll das Leiden dauern)?“ Darauf die Antwort Gottes: „Bis die Städte wüst werden, ohne Einwohner, und die Häuser ohne Menschen und das Feld ganz wüst daliegt. Denn der HERR wird die Menschen weit wegtun, so dass das Land sehr verlassen sein wird. Auch wenn nur der zehnte Teil darin bleibt, so wird es abermals verheert werden.“ Jesaja hat keine Hoffnung mehr, dass aus diesem Volk noch etwas Gutes werden kann, bis es fast völlig zerstört ist. Erst danach kann etwas Neues aufgebaut werden: „Wie bei einer Eiche und Linde, von denen beim Fällen noch ein Stumpf bleibt. Ein heiliger Same wird solcher Stumpf sein.“
Solche kritischen staatsfeindlichen Worte hat man in der Geschichte kaum je von einem Menschen gehört, der das auch überlebt hat. Nicht der Staat, nicht das Land, nicht das Volk waren für Jesaja wichtig. Allein eine gerechte Gesellschaft, die die ethisch-moralischen Normen des mosaischen Rechts vor Augen hat und sich daran orientiert. Dafür hat er sein Leben riskiert. Viele Jahrhunderte hat sich das Volk des Buches an diesem Vorbild orientiert und seine Söhne und Töchter haben versucht, nicht selten auch unter dem Einsatz ihres Lebens, sich für mehr Gerechtigkeit einzusetzen.
Solche Mahner und Ermahnungen werden in den letzten Jahren seltener. Der einzelne Mensch wie auch die Gesellschaft werden nach und nach in den Hintergrund gedrängt. Der Staat, die Nation dominieren immer mehr das Bewusstsein und das Handeln. Und da drängt sich die Frage nach Jesaja in neuer Aktualität auf: Muss erst alles zerstört werden, bevor ein neuer Same aufkommt und eine neue gerechte Gesellschaft aufbaut? Ist die Zeit für eine Umkehr zu spät?
Gabriel Miller
1) Alle Zitate, mit Ausnahme einer Stelle im Kap. 6, sind dem 1. Kapitel entnommen:
* Veröffentlicht in:
"Frankfurter Jüdische Nachrichten", April 2004
"Kescht" Informationsblatt über liberales Judentum, April-Juni 2004
"PaRDeS" Informationsblatt der Vereinigung für Jüdische Studien e.V., April 2004

Der hebräische Text mit der Luther-Übersetzung.


Zu lesen in Jüdisches Recht



Zuletzt von Elischua am Sa 21 Mai 2016, 09:18 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Jesaja - Rechtsgeschichte Empty Trito-Jeschajahu

Beitrag von Elischua Sa 21 Mai 2016, 09:17

Schalom liebe Lernenden und Suchenden,

was vielen neu sein wird, daß nicht alles was wir von Jesaja lesen,  alles von Jesaja selbst ist - sondern Autoren seinen Namen benutzten und auch auf später datiert wird.
Zitat von unserem Zeev:
Diese Redaktionseinheit bezeichnen wir als den Trito-Jeschajahu, welcher in den "Kapiteln" 56-66 abtrennend zu finden ist. So finden wir hier Stücke die die bereits vollzogene Rückkehr der Verbannten nach Jeruschalejim durchleuchten lassen. Und zum Schluß ist zu bemerken, dass innerhalb des Gesamtwerkes Jeschajahu einzelne Teile mehr oder minder ausgedehnte Partien als spätere Zutaten anzusehen sind.
Ganze Beitrag könnt ihr *hier* nachlesen!
Weiteres hier:
Bibelwissenschaft schrieb:
1. Name
Tritojesaja („Dritter Jesaja“) bezeichnet den Textbereich Jes 56-66 sowie – als Kunstname – den Verfasser, dem man den Textbereich zumindest in seinem Grundbestand zuschreibt. Die Bezeichnung wurde 1892 von Bernhard → Duhm geprägt und beruht auf der Beobachtung, dass Jes 56-66 im Jesajabuch gegenüber Jes 1-39 (→ Protojesaja) und 40-55 (→ Deuterojesaja) eine eigenständige Größe bilden, da sie sich in Sprache, Form und Inhalt unterscheiden und die Überschrift [url=https://www.bibelwissenschaft.de/bibeltext/Jes 56%2C1//bibel/text/lesen/ch/03a573011d23897ecf101971ec076dda/]Jes 56,1[/url] einen Neueinsatz markiert.
Spannend geht es *hier*  weiter
Weiteres dazu:
Mit Tritojesaja (griech: „dritter Jesaja“) bezeichnet die bibelwissenschaftliche Forschung einen hypothetischen eigenständigen Autor der Kapitel 56 bis 66 des Jesajabuches des Tanach.
Die heutige historisch-kritische Forschung geht davon aus, dass das Buch Jesaja literarisch nicht einheitlich ist, sondern im Lauf der Jahrhunderte gewachsen ist. Die Kapitel 56 bis 66 wurden dabei seit Bernhard Duhm 1892 als Werk eines anonymen Propheten in frühnachexilicher, persischer Zeit angesehen, der dann ein Zeitgenosse des Propheten Maleachi gewesen wäre. Heute nimmt man eher an, es handle sich um eine Sammlung von Worten verschiedener Propheten.
Zentral für die Botschaft Tritojesajas ist die Frage nach der Zukunft Jerusalems, auffällig die Personifikation der Stadt als Tochter Zion in den Heilsverheißungen. Zeitlich ist seine Prophetie nach der Heimkehr des Volkes Israel aus dem Babylonischen Exil und dem Neubau des Tempels in Jerusalem anzusetzen, also etwa zwischen 521 und 510 v. Ch.
Quelle: Wiki
Hier soll JaHWeH für den Opferdienst sein:
Jes. 56: Trito-Jeschajahu

6 Und die Söhne der Fremde, die sich dem HERRN angeschlossen haben, um ihm zu dienen und den Namen des HERRN zu lieben, ihm zu Knechten zu sein, jeden, der den Sabbat bewahrt, ihn nicht zu entweihen, und alle, die an meinem Bund festhalten;
7 die werde ich zu meinem heiligen Berg bringen und sie erfreuen in meinem Bethaus. Ihre Brandopfer und ihre Schlachtopfer sollen mir ein Wohlgefallen sein auf meinem Altar. Denn mein Haus wird ein Bethaus genannt werden für alle Völker.
8 So spricht der Herr, HERR5, der die Vertriebenen Israels sammelt: Zu ihm, zu seinen Gesammelten, werde ich noch mehr hinzusammeln.


Und hier ein Widerspruch - Hier ist JaHWeH gegen den Opferdienst:
Jes. 1

Hört das Wort des HERRN, ihr Anführer von Sodom! Horcht auf die Weisung5 unseres Gottes, Volk von Gomorra!
11 Wozu soll mir die Menge eurer Schlachtopfer dienen?, spricht der HERR. Ich habe die Brandopfer von Widdern und das Fett der Mastkälber satt, und am Blut von Stieren, Lämmern und jungen Böcken habe ich kein Gefallen.
12 Wenn ihr kommt, um vor meinem Angesicht zu erscheinen - wer hat das von eurer Hand gefordert, meine Vorhöfe zu zertreten?
13 Bringt nicht länger nichtige6 Speisopfer! Das Räucherwerk ist mir ein Gräuel. Neumond und Sabbat, das Einberufen von Versammlungen: Sünde7 und Festversammlung ertrage ich nicht.
14 Eure Neumonde und eure Feste hasst meine Seele. Sie sind mir zur Last geworden, ich bin es müde, sie zu ertragen.
15 Und wenn ihr eure Hände ausbreitet, verhülle ich meine Augen vor euch. Auch wenn ihr noch so viel betet, höre ich nicht - eure Hände sind voll Blut.
16 Wascht euch, reinigt euch! Schafft mir eure bösen Taten aus den Augen, hört auf, Böses zu tun!

Hier kann somit was nicht stimmen - unser EWIGER EL JaHWeH widerspricht sich nicht!
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Beitrag von Eaglesword Sa 21 Mai 2016, 17:19

Im ersten Abschnitt sind Israeliten erwähnt, welche "opfern werden". Im zweiten Text werden Heiden angesprochen, deren Hände mit Greueltaten besudelt sind. In diesem Fall sehn Befürworter der Tieropfer den  Zusammenhang mit "Sünde" und "bösen Taten".
Vordergründig scheint es G'tt immer darum zu gehn, dass man erst nach bereinigter Schuld ein Opfer bringen dürfe. Doch was wäre, wenn die Tieropfer selber auf indirekte Weise mit "Blutschuld", "bösen Taten", "Greuel" und "Gewalttätigkeit" verbunden worden sind und es in der Gesamtheit wie eine Art Wortspiel wirken sollte?
Man hatte sich auf die Zeremonialhandlungen verlassen, welche quasi die weiße Weste darstellten, ohne direkt vom Innersten abhängig zu sein. In jeder Kultur wurde der Tempelbetrieb zur Industrie des Todes. Von IsraEl´s Absonderung war in diesem Bereich nichts zu sehn. Einzig Menschenopfer wurden verboten, doch sonst glich IsraEl den umliegenden und auch fernen Völkern. Da war kein Unterschied vorhanden. Die Statuten erfuhren lediglich geringe Modifikation, doch sind ihre heidnischen Wurzeln unverkennbar.
Man fragt sich, ob denn G'tt nicht besonders gewacht habe. Er versuchte auf die sanfteste Art, IsraEl zu formen und anders werden zu lassen. Doch ein Tyrann wie die anderen Herren war JaHVeH nicht. Er hielt IsraEl tapfer aus und wurde verglichen mit einem Ehemann, der seine untreue Frau am Ende doch wieder gewinnen wollte.
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